Die Mastozytose: Wenn sich Mastzellen ungehemmt teilen
Die Mastozytose ist eine seltene Erkrankung, die durch eine krankhafte Vermehrung und Anhäufung von sog. Mastzellen gekennzeichnet ist. Diese Zellen sind Teil der menschlichen Immunabwehr und haben Histamin gespeichert. Histamin kennen Sie von allergischen Reaktionen, denn dort wird das Gewebshormon vermehrt ausgeschüttet und sorgt für verschiedene Allergie-Symptome.
Bei der Mastozytose reichern sich unnatürlich viele Mastzellen in der Haut, aber mitunter auch anderen Organsystemen an. Bei Betroffenen treten vermehrt Symptome wie Juckreiz, Quaddeln und Rötungen auf. Da Histamin auch an der Verdauung beteiligt ist, leiden Mastozytose-Patienten mitunter auch an Verdauungsstörungen. Es stehen verschiedene Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Leider ist die Erkrankung nicht heilbar, jedoch zumeist gut beherrschbar.
Die Mastozytose tritt relativ selten auf, die Inzidenz beträgt 0,5:100.000 Einwohner. Eine äußerst seltene Form ist die sog. Mastzellleukämie, bei der die Mastzellen entartet sind. Diese Erkrankung hat eine schlechte Prognose, ist aber aufgrund ihrer Bösartigkeit nicht mit der „gewöhnlichen“ Mastozytose zu vergleichen.
Zwei verschiedene Untertypen der Mastozytose
Mediziner unterscheiden zwei Untertypen der Mastozytose. Entscheidend für die Einteilung ist, wo sich die Mastzellen einlagern und somit Beschwerden auftreten. So wird unterschieden zwischen:
- der kutanen Mastozytose
- der systemischen Mastozytose
Die kutane Mastozytose
Hierbei reichern sich die Mastzellen in der Haut an. Diese Form ist mit 85 – 90 Prozent die weitaus häufigere Variante. Vor allem Kinder sind von der kutanen Mastozytose betroffen. Teilweise treten die Mastzellen gehäuft an einem Punkt auf, der dann als Mastozytom bezeichnet wird.
Die systemische Mastozytose
Bei der systemischen Mastozytose reichern sich die Mastzellen nicht nur in der Haut, sondern im Knochenmark und verschiedenen inneren Organen an. Besonders häufig betroffen sind:
- Leber
- Darm
- Magen
- Milz
- Knochenmark
- Lymphknoten
- Herz-Kreislauf-System
- Nervensystem
Von dieser Variante sind eher Erwachsene betroffen.
Was sind die Ursachen einer Mastozytose?
Die genauen Ursachen einer Mastozytose sind bisher ungeklärt. Viele Wissenschaftler vermuten, dass genetische Ursachen zur Entstehung der Erkrankung führen. Recht genau bekannt sind aber die Auslöser, die letztendlich zum Ausbruch der Symptome führen.
Dazu gehören die folgenden Trigger:
- Alkohol
- scharfe Gewürze
- Medikamente (u. a. ASS, bestimmte lokale Betäubungsmittel, Kodein etc.)
- extreme Temperaturen und Temperaturschwankungen
- Stress
- Infektionen
- Insektengifte
- Allergien
- körperliche Anstrengung
- bestimmte Nahrungsmittel (v. a. heiße und scharfe Gerichte)
Die Auslöser können bei jedem Patienten unterschiedlich sein.
Symptome: Quaddeln, Rötungen und Verdauungsstörungen
Die Symptome der Mastozytose richten sich nach der Art der Erkrankung. Ist die massenhafte Vermehrung von Mastzellen auf die Haut beschränkt, treten andere Beschwerden auf wie bei der systemischen Variante, bei der diverse Organe betroffen sind.
Klinische Anzeichen der kutanen Mastozytose
Folgende Symptome treten auf der Haut auf:
- Juckreiz
- Rötungen
- Bläschen
- Quaddeln
- Schwellungen
- Hitzegefühl
Klinische Anzeichen der systemischen Mastozytose
Hierbei ist entscheidend, in welchem Organsystem sich die Mastzellen in besonderem Maße anreichern.
Befall der Knochen und des Bewegungsapparates
- Knochenschmerzen
- Gelenkschmerzen
- Muskelschmerzen
Befall des Magen-Darm-Traktes
- Übelkeit
- Erbrechen
- Durchfall
- Magenschmerzen
- Sodbrennen
Befall des Nervensystems
- Erschöpfung
- Müdigkeit
- Konzentrationsstörungen
- Kopfschmerzen
Befall des Herz-Kreislauf-Systems
- Herzrasen
- niedriger Blutdruck
- geringe Leistungsfähigkeit
- Abgeschlagenheit
Wie stellt der Arzt die Diagnose?
Wenn Sie die genannten Symptome bei sich beobachten, sollten Sie dies von einem Arzt abklären lassen. Anhand einer ausführlichen Patientenbefragung sowie Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) verschafft sich der Mediziner einen ersten Überblick. Häufig liefert bereits die Schilderung der Beschwerden wertvolle Hinweise für die Diagnose einer Mastozytose.
Es folgen weitere körperliche Untersuchungen:
- Biopsie (je nach Beschwerden aus Haut, Organen oder Knochenmark): Hiermit kann eine erhöhte Mastzellkonzentration festgestellt werden
- Blut- und Urinuntersuchung: Durch die chemische Zusammensetzung können Laborärzte feststellen, ob eine Mastozytose vorliegt oder nicht. Außerdem können andere Erkrankungen ausgeschlossen werden.
- Genetische Untersuchung: Mithilfe von Gentests können Mediziner Veränderungen im Erbgut feststellen, die zumindest einen Hinweis auf die Mastozytose geben.
Therapiemöglichkeiten: Behandlung der Symptome und Meidung der Auslöser
Leider ist die Mastozytose unheilbar. Ist die Erkrankung auf die Haut beschränkt, ist sie meistens gut beherrschbar und bildet sich bisweilen sogar zurück. Generell gilt es, die Auslöser so weit wie möglich zu vermeiden und die Symptome zu behandeln.
Symptomatische Behandlung
Wie Sie erfahren haben, kann die Mastozytose zu sehr unterschiedlichen Symptomen führen. Viele davon können gelindert werden. Zwar werden Antihistaminika häufig empfohlen, manche Betroffene vertragen diese Medikamente, die v. a. aus der Allergie-Therapie bekannt sind, nicht gut. Trotzdem lassen sich damit v. a. die Beschwerden auf der Haut effektiv behandeln. Sprechen Sie dies am besten zuvor mit ihrem Arzt ab.
Weitere Möglichkeiten der symptomatischen Therapie sind:
- Mastzellstabilisatoren: Diese Medikamente hemmen die Ausschüttung von Histamin aus den Mastzellen
- Säureblocker als Magenschutz und gegen Sodbrennen
- UV-Bestrahlung der betroffenen Hautareale
- kortisonhaltige Salben
- Interferone (bei schweren Verläufen)
Je nach Verlaufsform gibt es noch zahlreiche weitere Therapieansätze, die Sie am besten individuell mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen. Manchmal wird die Milz entfernt, wenn sich dort besonders viele Mastzellen ansammeln.
Vermeidung der Auslöser
Sofern Sie wissen, welche Auslöser bei Ihnen einen Erkrankungsschub begünstigen, sollten Sie diese gezielt meiden bzw. sich davor schützen. Eine besondere Bedeutung kommt dem Verzicht auf folgende Medikamente zu:
- ASS (Aspirin)
- Kodein (Hustenstiller)
- bestimmte Narkosemittel und Narkosegase
- Lokalanästhetika
- Chinin
- nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR)
- Morphin
- stark koffeinhaltige oder alkoholische Präparate
- Kontrastmittel
- Quallen- und Schlangengift
Die kutane Mastozytose lässt sich durch eine Kombination aus systemischer Therapie und Meidung der Trigger zumeist gut behandeln.
Referenzen
- Mastozytose.net http://www.mastozytose.net/index.php?id=859 (Abrufdatum: 20.09.2021)
- Schölmerich J. Medizinische Therapie 2008. 3., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Springer Medizin Verlag, Heidelberg, 2007
- Herold G, et al. Innere Medizin. Eigenverlag
- Czarny J, Lange M, Ługowska-Umer H, Nowicki RJ. Cutaneous mastocytosis treatment: strategies, limitations and perspectives. Postepy Dermatol Alergol. 2018 Dec; 35(6): 541–545. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6320483/ (Abrufdatum: 21.09.2021)